Schauinslandkönig 2018
10. Schauinslandkönig am 15. Juli bei Freiburg im Breisgau
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Einmal beim größten Bergzeitfahr-Event Deutschlands zu starten, stand schon immer auf meiner ToDo Liste. Irgendwie hatte es aber in der Vergangenheit noch nie so richtig zeitlich gepaßt. Doch in diesem Jahr habe ich die Tour de Kärnten zugunsten gerade solcher Eintagesrennen ausfallen lassen. Der Schauinsland - immerhin 1.284m ü.NN - ist bekanntlich Freiburg's Hausberg und eine echt anspruchsvolle Strecke. Sozusagen mal ein "richtiges" Bergzeitfahren mit rund 11,5km Länge, 8% Steigung im Schnitt und mit 770HM. Die Veranstalter bieten nicht nur ein Wettkampf für Rennräder an, es gibt auch eine Reihe von Sonderwertungen (u.a. im Team, Einrad, Fixie, etc. mit oder ohne Handicap) aber auch die Skaterfraktion ist gerne gesehen. Alles in Allem starten jährlich so zwischen 600 bis 950 "Radsport-Verrückte", zumeist einfach nur just-for-fun auf einer voll gesperrten Strecke in Einbahnstraßenregelung, mit professioneller Zeitnahme von RaceResult.
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Dennoch gibt es natürlich auch eine Menge ambitionierter Sportler, die auf Podiums-Platzierungen und Bestzeitenjagt gehen. So auch Armin Fischer und meine Wenigkeit. Da wir beide im nächsten Jahr die Altersklassen wechseln werden (hier wir in 5-Jahresschritten unterschieden), wollten wir eigentlich nur mal schauen wie es läuft und ein Gefühl für die Strecke bekommen, um dann im nächsten Jahr so richtig anzugreifen. Aber ehrlich gesagt, hofften wir schon insgeheim auf einen Platz auf dem Treppchen und das war auch nicht so unrealistisch.
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Wir hatten uns ein Zimmer in einem Gasthof in der Nähe vom Startbereich reserviert, wollten wir doch am Vortag die Strecke nochmal abfahren. Doch beim Check-In kam schon der erste Schock: Es läge keine Reservierung vor und man sei ausgebucht, gab man uns zu verstehen. Gut das wir alles schriftlich hatten. Doch die Pensionseigentümer zeigten sich schnell einsichtig und waren auch sehr nett und haben uns ein Doppelzimmer in der Nachbarschaft organisiert - alles gut!
Ganz idyllisch gelegen, hatten wir sogar einen schönen Ausblick auf ein benachbartes Kloster.
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Blieb ich über all die Jahre vom Sturz- & Verletzungspech weitestgehend verschont, riss diese Glückssträhne direkt einen Tag nach dem Brockenkönig. Am Folgetag wollte ich mich locker ausfahren, wurde dabei aber von einer Wespe in die Unterlippe gestochen. Bin zwar danach unmittelbar nach Hause gefahren, um den Stich zu behandeln, aber die Unterlippe war schon so stark geschwollen, dass ich mit Eis kühlen mußte. Ich habe mich schon auf ein paar Tage Pause eingestellt - man konnte so entstellt ja kaum unter Leute gehen. Doch glücklicherweise ließ die Schwellung über Nacht nach und war morgens kaum noch zu sehen. Damit sollte es doch genug sein, doch weit gefehlt. Bei einem häuslichen Unfall tags drauf habe ich mir so unglücklich einen Wirbel geprellt, dass ich dann doch 5 Tage mit dem Training aussetzen mußte. Für eine zielorientierte Vorbereitung zum Schauinslandkönig kam das natürlich sehr ungelegen. Als ich nach der Zwangspause schrittweise wieder die Intensitäten erhöht habe, stellte sich auch ganz schnell die gute Form ein. Meine 1.6km lange Referenzstrecke im Taunus, konnte ich erstmals mit einem Schnitt von über 400Watt absolvieren. Doch ging das alles wohl wiedermal zu schnell, denn ich hatte mir danach die rechte Achillessehne etwas gereizt. Habe fleißig eine Diclofenac-Salbe draufgeschmiert und locker weitertrainiert, da es nur noch ein paar Tage bis zur Anreise nach Freiburg waren. Am Vortag sind Armin und ich dann wie gesagt die Strecke abgefahren, um zu schauen wie man sich das Rennen am besten teilteilen sollte. Die Ferse machte Gott sei Danke keine Probleme mehr und die Taktik war schnell festgelegt: Volle Pulle losfahren und danach langsam steigern :-) Okay, das dürfte hier definitiv nicht funktionieren. Das steilste Stück mit ca. 12% kommt gleich zu Beginn, danach geht es relativ konstant mit 6 bis 8% bergan und die letzen beiden Kilometer zum Ziel sind dann wieder mit 4-5% etwas flacher. Man darf also zu Beginn nur mit dosierter Leistung losfahren, sonst geht einem unterwegs irgendwann mal die Luft aus. Doch was ist dosiert, war hier die Frage?! Tendenziell geht man doch in maßloser Selbstüberschätzung immer etwas zu schnell an und es kommt im weiteren Streckenverlauf auch kein wirklich flaches Stück, wo man mal kurz durchschnaufen könnte.
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Die Wetterbedingungen jedenfalls waren die ganze Woche vor dem Event sensationell gut, vielleicht schon etwas zu heiß. Über Nacht und am frühen Morgen zum Sonntag hatte es um Freiburg herum einige Schauer gegeben und die Luft hatte sich etwas abgekühlt. Eigentlich ideale Bedingungen. Armin und ich sind so gegen 11:00 direkt hintereinander mit ca. 30sec Abstand auf die Strecke gegangen. Es gab allerdings keine festen Startzeiten - lediglich Startblöcke, da man sowohl am Start als auch im Ziel über eine Meßschleife fahren mußte. Der Transponder befand sich in der Startnummer, die am Lenker angebracht werden mußte. Armin stetig im Blick, bin ich von der Startrampe runter gerollt, aber er war bereits im Kurvengeschlängel nicht mehr zu sehen. Ich konzentrierte mich aber sowieso mehr auf mich und auf die Wattanzeige meines Garmin‘s. Das ist ein echter Vorteil mit Leistungsmesser zu fahren, so kann man sich gut seine Pace vernünftig einteilen. Dennoch lag ich nach dem ersten Kilometer schon bei 360W im Schnitt. Das war natürlich viel zu schnell, hatte ich mir doch nach dem Hick-Hack der letzen Wochen so realistische 310Watt im Schnitt kalkuliert. Die nun folgenden Passagen ließen sich recht gleichmäßig treten und dann sah ich auch schon Armin so rund 75m vor mir. Gaaanz langsam konnte ich mich bis auf rund 20m ran kämpfen. Doch habe ich kaum noch mehr als 300Watt treten können und als es oben raus zum Ziel flacher wurde, hat Armin im Gegensatz zu mir noch etwas zulegen können und der Abstand hatte sich wieder etwas vergrößert. Im Ziel hatte ich dann eine 34:43,7 und Armin war in 34:41,8 rund 2sec schneller, aber da wir beide sowieso in unterschiedlichen Altersklassen gewertet wurden, war das Ergebnis zweitrangig - aber immer wieder gut genug, um uns gegenseitig aufzuziehen. Armin ist aktuell sehr austrainiert und obwohl er eigentlich im Flachzeitfahren seine Stärken hat, kann er bergauf auch richtig gut reinhalten. Bis kurz vor Ende der Veranstaltung wurden wir beide am Zeitenmonitor noch als jeweils Erstplatzierte in der Altersklassenwertung (M45 & M50) geführt. Umso ärgerlicher war es dann, als sich mit Cosmas Lang noch in letzter Minute ein alter Bekannter aus Mainz deutlich in 33:21,6 vor Armin schob. Gegen Cosmas ist im Bergzeitfahren von unserer Seite kein Kraut gewachsen, zumal er bereits öfters am Schauinslandkönig gestartet war (und auch jedesmal seine AK gewinnen konnte). In meiner AK M50 belegten Ingmar Kerschberger (RIG Freiburg) in 35:11,2 und Michael Hahn (TV Strinz-Margarethä) in 36:50,0 die Plätze zwei und drei. Tagesschnellster und damit der wahre Schauinslandkönig war Simon Combes (Vélo club Unité Schwenheim), ein französischer Jungprofi, in 30:39,1
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Datalog - leider ohne Herzfrequenzaufzeichnung. Da ich dummerweise meinen Brustgurt zu Hause vergessen hatte, gab es auch keine Messung der Herzfrequenz. Obwohl ich es eigentlich vermeiden wollte, bin ich dann doch etwas zu optimistisch angegangen. Am Ende waren es ca. 315W und 19,3km/h bei 73U/min Trittfrequenz im Schnitt, die ich habe treten können. Leider ging mir auf den letzten Kilometern etwas der Saft aus und ich konnte nicht mehr zulegen. Denke die Renneinteilung war jetzt nicht allzu schlecht. Das am Ende die Kräfte etwas nachließen, könnte auch dem Umstand mit der nicht ganz optimalen Rennvorbereitung geschuldet sein. Zukünftig noch etwas dosierter losfahren und ich bin zuversichtlich, meine Fahrzeit etwas verbessern zu können.
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Dafür das wir ja nur mal schauen wollten, wie das beim Schauinslandkönig so läuft, konnten Armin und ich mit dem Ergebnis mehr als zufrieden sein. Ärgerlich war lediglich, daß ich auf dem Rückweg zum Gasthof einen Hinterradschaden hatte. Man konnte ja nicht auf der Strecke wieder bergab zurückrollen, sondern es galt einen ca. 30km langen Umweg über Freiburg zu nehmen. Bei dem klasse Wetter kein Problem, aber in Freiburg selbst bin ich auf einem Radweg wohl über etwas Spitzes gefahren und hatte sogleich ein kleines Loch im nagelneuen Hinterradreifen. Normalerweise kein Ding: Ventileinsatz raus und Dichtmilch rein … aber das hatte ich ja aufgrund des Wettkampfs nicht dabei. Bin dann vor Ort stehen geblieben und Armin hat mich dann anschließend mit dem Auto abgeholt. Da die Siegerehrung erst später am Nachmittag stattfand, war das zeitlich kein Problem. Doch zukünftig ist es wohl geschickter bereits am Vorabend ein Auto im Zielbereich abzustellen. Speziell für den Fall das es regnen sollte, hat man dann gleich etwas Trockenes zum anziehen und man erspart sich den langen Rückweg. Nach der Siegerehrung wird die zuvor abgesperrte Strecke wieder für den öffentlichen Verkehr freigegeben und man kann auf kurzem Weg wieder zur Unterkunft zurückfahren, um ggf. zu duschen und die Räder und das Reisegepäck vernünftig zu verstauen. Ich denke, so werden wir das im kommenden Jahr machen ...
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